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C´ est beau les Baux

Les-Baux-de-Provence liegt auf einer Felsenkette der Alpilles, die auch geografisch die Grenze zwischen der flachen Camargue und den wesentlich hügeligeren Rhone- und Durancetälern markiert. Kommt man von Arles über Fontvieille erreicht man nach ca. 30 Minuten auf der sehr kurvenreichen Straße das Ziel. Schon von Weitem sieht man die in der Sonne weiß oder hellgrau leuchtenden Felsen auf dem Bergrücken. Die wuchtigen Felsen sind zerklüftet und von den Wunden der Zeit über Jahrtausende vernarbt. Sie bildet einen starken Kontrast zu dem meist blauen Himmel, besonders dann, wenn der Mistral übers Land fegt und aus der Atmospäre all die Staub- und Mikropartikel vertreibt.

Die Carrieres Lumieres, Steinbrüche, die in der Römerzeit in den Berg getrieben wurden sind der Touristenmagnet der Alpilles, weil seit vielen Jahren ein auf Lichtprojektionen spezialisiertes Unternehmen aus Paris die gesamte Höhle mit den vertikal glatten Wänden und den bombastischen Säulen mit unterschiedlichen Themenanimationen aus der Kunstgeschichte farbenprächtig illuminiert. Wenn man die Kinderbücher von Maurice Sendak kennt, könnte man meinen, dass es als Kino für die wilden Kerle oder andere Riesen gestaltet wurde.
Inzwischen haben die verantwortlichen kreativen Macher, Programmierer und Lichtexperten ein Gesamtkunstwerk entwickelt, das mit in sich bewegenden, aufleuchtenden und wieder verblassenden, mit weiteren Stilelementen hinzugefügten Animationen die Zuschauer während der Show, mehrere Hundert werden es gewesen sein, staunend begeistern. Das Thema „VanGogh´s Bilder und sein Schaffen“ von den Anfängen bis zu seinem Tod lässt in einem eine vollkommen neue sinnliche Farbempfindung entstehen, der man sich nicht entziehen kann. Die sich überblendenden, bekannten Bildsujets des Malers in den unterschiedlichen Farbchangierungen vom leuchtenden Gelb der Sonnenblumen über die saftigen Grüntöne bis zu den blau-violetten Irisblüten zeigen in den überdimensionalen Projektionen, welches Farb-, Kontrast- und Raumgefühl der Maler auf die Leinwand bannen konnte. Einige Zuschauer, die ich beobachtet habe, so schien es, waren vollkommen euphorisiert und überwältigt.
Wir hatten das Glück nach 10 Uhr morgens bei der zweiten Aufführung ohne Warten die Höhle betreten können, aber als wir wieder ins gleißende Tageslicht kamen, standen mehrere hundert Besucher in einer Schlange vor den Kassen und sämtliche Parkplätze waren mit PkW´s oder Bussen zugestellt.
Unterhalb der Carrieres findet man ein kleines Restaurant dass in einen Felsen installiert wurde. Dort kann man sich vom Trubel um den Farbenrausch wie von der stechenden Sonne erholen.

Danach sind wir zum Dorf und der Burg auf dem Felsplateau hochgestiegen und auch dort, inzwischen war es Mittag, drängelten und schoben sich die Menschen durch die schmalen Gässchen. Wie überall bei touristischen Hotspots reihen sich Bistros, Restaurants, Boutiquen und Souvenirläden aneinander, was den Gedanken aufkommen lässt, Les-Baux eher im Winter zu besuchen, um in Ruhe alles sehen zu können. Aber von Herbst bis Frühling gibt es keine Lichtshows und wie das so oft ist, kann man nicht alles haben, was man sich vorher vorgestellt hat. You can´t always get what you want.
Besonders irritierend, um es sehr euphemistisch auszudrücken, empfand ich die grell-farbigen Stahlskulpturen mit den immer gleichen Silhouetten nackter Frauen, die in unterschiedlichen Positionen mit vermeintlich zu erkennenden Accessoires wie Fischen, Amphoren oder Blumen versehen waren. Sie standen aufgereiht überall an den Wegen und kleinen Plätzen bis zum Aussichtsplateau und vermittelten mir eine ästehtische Entgleisung der besonderen Art. Wer hatte sich so ein Projekt ausgedacht  und welcher Kunstgewerbler war für die kreative Umsetzung verantwortlich? Um es genauer zu erklären, handelte es sich um 1-2 Zentimeter dicke Stahlplatten, aus denen scherenschnittartig die einzelnen Motive herausgeschweisst oder gesägt worden waren, um sie dann monochrom anzustreichen. Um die Burg zu besichtigen, muss man zahlen und wir ersparten uns den Rundgang, weil wir schon so viele Burgen von innen gesehen haben, dass wir auf eine weitere burgige Erfahrung an diesem Tag verzichten konnten.

Stattdessen fuhren wir den Berg auf der anderen Seite hinunter, um St.-Remy-de-Provence zu besichtigen, wovon aber in dem kleinen Städtchen keine Rede sein konnte, weil es Markttag war und Touristen die Stadt überfüllten. In den bis auf den letzten Platz besetzten Bistros und Restaurants saßen diejenigen, die um diese Zeit reisen konnten: junge Familien, viele Rentner und Pensionäre, Amerikaner, Holländer, Briten, Chinesen und sicherlich auch einige Bewohner des Ortes, die sich das nervige und wuselige Treiben auf dem Marktplatz anschauten.

Zurück fuhren wir wieder über Les Baux und inzwischen war es so heiß geworden, dass die Sonne ganze Arbeit leistete, um in dem trocken-heißen Klima unser Durchhaltevermögen wie unsere Frustrationsschwelle zu testen. Zusätzlich blies ein sehr heftiger warmer Wind, der schon auf dem Marktplatz für viel Unruhe gesorgt hatte, weil die Sonnenschirme und Ausstellungsutensilien, vor allem Kleidungsstücke und Stoffe wegzufliegen oder umzufallen drohten. Staub wirbelte auf und es war mühsam, sich diesen äußeren Bedingungen und Beeinträchtigungen zu erwehren.

Zwei, drei Kilometer vor Arles steht die wuchtig wirkende Abbaye de Montmajour, ein burgähnliches Kloster romanischer und frühgotischer Baukunst, und wir ließen es uns nicht nehmen, dieses auf einem kleinen Hügel emporragende Monument aus dem 12. Jahrhundert zu durchstreifen. Welch eine Erholung bot dieser Ort der Besinnlichkeit und spirituellen Glaubensausübung, eine wahre Befreiung der von Hektik getriebenen Zeit. Angenehm kühl war es und es gab nur wenige Besucher die  sich in die Glaubenstrutzburg verirrt hatten.
Es macht nachdenklich, dass gerade dieses so schlicht und pur und so gradlinig gestaltete Bauwerk bei den Touristen kein Interesse zu wecken schien. Fehlte die moderne touristikaffine Ausstattung oder fehlten besondere skulpturale oder museale Einzigartigkeiten? Es war nicht nachzuvollziehen, denn allein der Kreuzgang im mittleren Teil des Klosters erfüllte mich mit einer derartig ästhteischen Bewunderung, dass ich begeistert einige Zeit verweilte.

Zurück nachhause in unseren Vorort von Arles. Bei Leclerc einkaufen. Der Wind wurde heftiger, die Menschen wurden noch nervöser.
Zum Abendessen habe ich dann ein Spaghettigericht mit unterschiedlichen Muscheln und Crevetten zubereitet, um dann ermattet an die Arbeit zu gehen, um die Bilder für diesen Blog zu bearbeiten.

W.N. Arles 5.6.2019

Bemerkung: Der Titel C´est beau les Baux mag grammatikalisch etwas irritierend sein, aber ich habe den Titel eines jener empfindsamen Lieder von Jean Ferrat zitiert: „C´est beau la vie“ und der Plural erschien mir für das Verb unwichtig.